Frei# Eine aktuelle Studie (1) untersuchte, ob Zusatzstoffe in Lebensmitteln und Medikamenten häufig chronische idiopathische Urtikaria Verursachen.
Hintergrund: Die Urtikaria (Nesselsucht) ist gekennzeichnet durch das Auftreten von Quaddeln, einer Flüssigkeitsansammlung in der oberen Hautschicht. Häufig geht sie mit einem starken Juckreiz einher und klingt meistens innerhalb von einem Tag ab. In hartnäckigen Fällen liegt sie länger als 6 Wochen vor und wird deshalb als chronische Urtikaria bezeichnet. Als mögliche Ursachen einer Urtikaria gelten allergische (Antibiotika, Lebensmittel, Pollen, Vakzine), pseudoallergische (Analgetika, Röntgenkontrastmittel,Lebensmittelzusätze) und nichtallergische Faktoren (Kälte, Wärme, Licht, Brennnessel, Quallen). Die Prävalenz der Sensitivität auf Zusatzstoffe in Lebensmitteln und Medikamenten ist bisher noch nicht genau bestimmt worden.
Aus diesem Grund untersuchte eine amerikanische Forschergruppe die Prävalenz der chronischen idiopathischen Urtikaria als Antwort auf Zusatzstoffe in Lebensmitteln und Medikamenten.
Methoden: Die Forscher setzten in ihrer Allergie-/Immunologieabteilung 100 Patienten den 11 Zusatzstoffen aus, die am häufigsten mit allergischen Reaktionen verbunden sind: Tartrazin (E 102), Kaliumdisulfit (E 224), Mononatriumglutamat (E621), Aspartam (E951), Natriumbenzoat (E211), Methylparaben (E218), Butylhydroxyanisol (E320), Butylhydroxytuluol (E321), Gelborange-S (E110), Natriumnitrat (E251) und Natriumnitrit (E250). Alle Patienten hatten eine Vorgeschichte von mehr als 6 Wochen chronischer idiopathischer Urtikaria. 43 Patienten berichteten über eine mögliche Sensitivität auf Zusatzstoffe in Lebensmitteln oder Medikamenten in der Vorgeschichte. Es wurden in der Klinik einfach-blinde Provokationen mit allen Zusatzstoffen durchgeführt und die Hautreaktion anhand eines Scores erfasst. Probanden mit positivem Provokationstest wurden dann mit doppelblinden, Placebo-kontrollierten Provokationstests geprüft.
Ergebnisse: Von 100 Probanden hatten in der einfach-blinden Provokation nur zwei eine positive urtikarielle Reaktion. Keiner dieser Patienten hatte eine positive urtikarielle Reaktion auf eine doppelblinde Placebo-kontrollierte Provokation. Es gab keine Magen-Darm- und Atemwegssymptome oder andere Symptome und kein Patient berichtete über Spätreaktionen.
Fazit: Die Forscher schlossen mit relativ großer Sicherheit (KI 95 %), dass die Sensitivität auf einen der untersuchten 11 Zusatzstoffe in Lebensmittel oder Medikamente bei weniger als 1 % der Patienten mit chronischer idiopathischer Urtikaria auftritt. Zusatzstoffe in Lebensmittel oder Medikamenten scheinen eine seltene Ursache der chronischen idiopathischen Urtikaria zu sein, weshalb deren Vermeiden nicht empfohlen wird.
Anmerkung: Im Umkehrschluss ist die Testung auf Lebensmittel-Zusatzstoffe bei Patienten mit chronischer Urtikaria nur selten wenn überhaupt indiziert.
2- Ingrid Moll – Duale Reihe Dermatologie 2010