Frei# Wirkung des Glycin-Wiederaufnahmehemmers (NMDA-Glutamat- rezeptor-Modulator) Bitopertin auf Negativsymptome von Schizophrenie: Eine randomisierte Phase-II-Doppelblindstudie.
Bei Schizophrenie gilt der Schweregrad der Negativsymptome (Antriebsarmut, kognitive Störungen wie Gedächtnis- und Konzentratinsstörungen, REduzierung der Gestik und Mimik) als Schlüsselindikator einer Langzeitbeeinträchtigung. Diskutiert wird noch darüber, ob den Anzeichen und Symptomen der Erkrankung, insbesondere den Negativsymptomen, eine verminderte Neurotransmission am N-methyl-D-Aspartat-(NMDA)-Rezeptor im Gehirn zugrunde liegt. Es ist bekannt, dass Glycin als Koagonist des NMDA-Rezeptors wirkt. Eine Blockade des Glycin-Transporters Typ1 hemmt die Glycin-Wiederaufnahme und steigert so die Glycinkonzentration an den Synapsen. Hierdurch lässt sich die Neurotransmission des NMDA-Rezeptors steigern.
Im Rahmen einer aktuellen Studie (1) wurden die Wirksamkeit und das Sicherheitsprofil des Glycin-Wiederaufnahmehemmers Bitopertin (RG1678) bei Schizophrenie-Patienten mit Negativsymptomen und stabilem Zustand unter Antipsychotika-Therapie untersucht.
Hierzu wurde eine randomisierte, placebokontrollierte Phase II Doppelblindstudie als Proof-of-Concept unter Beteiligung von 66 Orten weltweit durchgeführt. Eingeschlossen wurden 323 Schizophrenie-Patienten mit vorwiegend Negativsymptomen. Die Patienten erhielten zusätzlich zur Standardtherapie mit Antipsychotika entweder Bitopertin (10, 30 oder 60 mg/Tag) oder Placebo, jeweils über eine Behandlungsdauer von 8 Wochen. Die Veränderung der Negativsymptome gegenüber der Ausgangssituation wurde anhand der „Positive-and-Negative-Syndrome-Scale" bestimmt.
Nach 8-wöchiger Behandlung zeigte sich in der Gruppe mit Behandlung gemäß Prüfplan eine signifikante Verringerung der Negativsymptome. In der Gruppe mit 10 mg/Tag Bitopertin betrug die durchschnittliche Reduktion [SE] -25% [2%] (p?=0?,049), in der Gruppe mit 30 mg/Tag Bitopertin ebenfalls -25 [2%] (p= 0,03). In der Gruppe mit 10 mg/Tag war die Ansprechrate gegenüber Placebo signifikant erhöht und es zeigte sich ein Trend zur verbesserten persönlichen und sozialen Funktionsfähigkeit (Durchschnitt [SE] -19% [2%]). Die Abschätzung der Bindungsfähigkeit von Bitopertin an den Glycin-Transporter Typ 1 zeigt, dass niedrige bis mittlere Bindungslevel eine optimale Wirkung auf die Patienten erzielen. Dies steht im Einklang mit Befunden aus präklinischen Analysen.
FAZIT: Eine über Bitopertin-vermittelte Hemmung der Glycin-Wiederaufnahme bietet einen neuen therapeutischen Ansatzpunkt bei Schizophrenie und ermöglicht insbesondere die Behandlung von Negativsymptomen.
Nachtrag: Roche hat in einer Pressemitteilung von 15.04.2014 mitgeteilt, dass zwei Phase-III-Studien zu Bitopertin zur Behandlung der Schizophrenie aufgrund der Verfehlung ihrer primaären Endpunkte inzwischen eingestellt seien. Eine dritte Phase-III-Studie zu Bitopertin bei suboptimal kontrollierten Symptomen (NightLyte) der Schizophrenie werde jedoch fortgeführt (3).