Frei#  Kognitive Therapien ergänzen zunehmend die medikamentöse Behandlung der Schizophrenie, um das symptomatische und funktionelle Outcome der Patienten zu verbessern. Metakognitives Training (MCT) zielt auf die kognitive Verzerrung ab, welche an der Pathogenese von Wahnwahrnehmungen beteiligt sind.

Anmerkung: Durch metakognitives Training (Metakognition: über das Denken nachdenken) wird versucht, die eingeschränkte Fähigkeit zur kritischen Auseinandersetzung mit den eigenen Entscheidungen und Gedanken zu fördern. Mit alltagsorientierten Situationen und Übungen soll dem Patient dabei sein Denkstil bewusster werden und damit der Wiederkehr wahnhafter Gedanken vorgebeugt werden.

Ziel der Forscher war es die Langzeit-Effektivität eines in Gruppensitzungen durchgeführten MCT bei Patienten mit Schizophrenie zu analysieren. Dabei wurde besonders beobachtet ob bereits erreichte Effekte weiterhin nachweisbar waren.

Die an zwei Zentren durchgeführte, randomisiert-kontrollierte, Parallelgruppenstudie mit verblindetem Untersucher bezog 150 Patienten ein (ambulant und stationär). Die Diagnose der Erkrankung aus dem Schizophrenen Spektrum wurde nach DSM IV (diagnostischer und statistischer Leitfaden psychischer Störungen) gestellt. Alle Patienten erhielten Antipsychotika. Die zweite follow-up Phase fand drei Jahre nach dem Ende der Interventionsphase statt.

Es wurde das gruppenbasierte MCT zur Behandlung kognitiver Verzerrung mit dem neuropsychologischen Training (COGPACK) verglichen. Insgesamt nahmen die Patienten an maximal 16 Sitzungen teil.

Anmerkung COGPACK: Computergestütztes Trainingsprogramm für schizophrene Patienten mit kognitiven Einbußen sowie Konzentrations- und Gedächtnisstörungen auch im Rahmen anderer Erkrankungen.

Primärer Messwert stellte der „delusion score" (Wahnwahrnehmungs-Score) dar, welcher sich von der PANS-Skala (Positive and Negative Syndrom Scale, Anm.: Instrument zur Beurteilung der Symptomschwere) ableitet. Des weiteren wurden die im PANSS erreichten Werte für positive Syndrome sowie der Gesamtscore ermittelt. Auch PSYRATS (Psychotic Symptom Rating Scale; Anm.: klinisches Werkzeug mit Fokus auf die Analyse von Wahnwahrnehmung und Hallunzinationen), JTC Bias (jumping to conclusion bias; Anm.: Verzerrung durch die vorschnelle Bewertung und Entscheidung von Situationen), Selbstbewusstsein und Lebensqualität gingen als sekundäre Ergebnisse in die Betrachtung ein.

In der Intention-to-treat Analyse wurde ein Vorteil des MCT hinsichtlich der Reduktion des „PANSS delusion score" (?2partial?=?0,037; p?=?0,05) bzw. im „PSYRATS delusion score" (?2partial?=?0,109; p?=?0,001) nach drei Jahren im Vergleich zur Kontrollgruppe gezeigt. Auch wurde im Rahmen des follow-up nach drei Jahren ein signifikanter Unterschied der Gruppen hinsichtlich Selbstbewusstsein und Lebensqualität der Teilnehmer gefunden, welcher in vorangegangenen Untersuchungen noch nicht bestand. Die Aufmerksamkeit konnte in der Gruppe mit neuropsychologischem Training eher gesteigert werden als in der MCT-Gruppe. Nach drei Jahren betrug die Erfüllungsquote 61,3%.

Fazit: Mit Hilfe des metakognitiven Trainingsprogramms konnte eine dauerhafte Reduktion von verzerrten Wahnwahrnehmungen erzielt werden, welche über die Wirkung der antipsychotischen Medikation hinaus ging. Zusätzlich gab es einige unerwartete („sleeper") Effekte: Selbstbewusstsein und Lebensqualität der Patienten zeigten sich im follow-up nach drei Jahren gestärkt. Dies zeigte sich auch bei einer nicht vorliegenden Verbesserung im jumping to conclusion bias (Verzerrung durch Schlussfolgerungen ohne adäquate Grundlage, häufig im Rahmen von Erkrankungen des schizophrenen Spektrums).

Anmerkung: Die Patienten-Compliance war besser, als in reinen Psychopharmaka-Studien. Das metakognitive Training zur Verbesserung der kognitiven und sozialen Fähigkeiten sollte bei Patienten mit einer Psychose unabhängig von der Neuroleptika-Therapie, in Betracht gezogen werden.

1-Moritz S et al. Sustained and "sleeper" effects of group metacognitive training for schizophrenia: A randomized clinical trial. JAMA Psychiatry 2014 Oct; 71:1103.

2-Siehe: Metakognitives Training bei schizophrenen Patienten

 

 

 

 

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