Eine aktuelle Studie (1) in "Annals of Emergency Medicine" wertete die Komplikationen aus, die durch Nitratgabe bei Patienten mit akutem Lungenödem  und gleichzeitig vorliegender Aortenstenose (mittleren und hohen Schweregrades) auftreten können. Patienten ohne Aortenstenose bildeten die Vergleichsgruppe.

Nitratgabe ist kontraindiziert bei schwerwiegender Aortenstenose aufgrund des Verdachts, dass dieses einen starken Blutdruckabfall begünstigen könnte.

Die Vermutung war bisher, dass dies bei Patienten mit Aortenstenose eine besondere Komplikation darstellt, da diese (je nach Schweregrad der Stenose) für einen Blutdruckabfall nur bedingt durch Erhöhung des Schlagvolumenkompensieren können. Hierbei handelte es sich bisher jedoch vorwiegend um ein theoretisch erwogenes Risiko, die vorliegende Datenauswertung stellt daher eine wichtige empirische Grundlage für künftige Risikoeinschätzung dar.

Ein retrospektives Kohorten Design wurde an zwei unterschiedlichen Krankenhäusern (in Kanada) durchgeführt. Untersucht wurden Patienten mit Aortenstenose (mittlerer bis hoher Schweregrade) sowie Patienten ohne Aortenstenose, die eine Behandlung eines kardiogen bedingten akuten Lungenödems bedurften. Weitere Einschlusskriterien waren intravenöse oder sublinguale Gabe von Nitroglycerin und das Vorliegen eines Echokardiogramms.

Der primäre Endpunkt war eine klinisch relevante Hypotension, zu einem oder mehreren der folgenden schwerwiegenden Ereignisse stand: Abbruch der Nitroglycerin Gabe, intravenöse Flüssigkeitsgabe, Gabe von Vasopressoren, Herzstillstand. Sekundärer Endpunkt bestand aus anhaltender (mind. 30 Minuten) Niedrigblutdruck mit einem systolischen Wert von weniger als 90 mm Hg.

Insgesamt traten 195 Fälle auf, bei 65 handelte es sich um eine schwerwiegende Aortenstenose. Entsprechend wurden 65 Vorfälle mit Aortenstenose mittleren Schweregrades eingeschlossen. Reine intravenöse Gabe von Nitroglycerin erfolge in 70%, kombiniert intravenös und sublingual in 25%, rein sublingual in 5% aller Fälle. Es bestanden keine Unterschiede zwischen initialem systolischem Blutdruck, Furosemid Dosen und der Verwendung von nicht-invasiver Beatmungsunterstützung.

Sowohl bei Aortenstenosen mittleren als auch hohen Schweregrades fand sich kein Zusammenhang von Nitroglyceringabe und klinisch relevanter Hypotension (Odds Ratio 0.98, 95%iges Konfidenzintervall 0.40-2.37 für mittlere und OR 0.99 mit 95%iges KI 0.41-2.41 für schwerwiegende Aortenstenose). Das Auftreten von klinisch relevanter Hypotension betrug 26.6% im Mittel bei Vorliegen von einer Aortenstenose und 23.1% in der Vergleichsgruppe ohne Aortenstenose. Allerdings war das Risiko einer nachhaltigen (mind. 30 minütigen) Hypotension mit 29.2% mehr als doppelt so hoch der in der Gruppe mit schwerwiegender Aortenstenose (OR 2.34, 95%iges KI 0.91-6.01). Für die anderen beiden Gruppen lag dieser Anteil bei 16.9% bzw. 13.8% in der Vergleichsgruppe.

Fazit: Diese retrospektive Studie fand bei Patienten mit akutem Lungenödem und gleichzeitiger Aortenstenose unabhängig vom Schweregrad der Stenose kein erhöhtes Risiko für einen klinisch relevanten Blutdruckabfall nach der Gabe von Nitroglycerin. Effizient und Sicherheit sollten in künftigen Studien näher untersucht werden, da die vorliegenden Studienergebnisse aufgrund der relativ kleinen Stichprobe und des Studiendesigns nur bedingte Aussagekraft haben. Umsichtiger Umgang mit Nitroglycerin zur Vorlast-Volumensenkung beim akuten Lungenödem bei Aortenstenose-Patienten ist möglicherweise eine sichere Vorgehensweise als bisher angenommen.

1-Claveau D et al.  Complications associated with nitrate use in patients presenting with acute pulmonary edema and concomitant moderate or severe aortic stenosis.  Ann Emerg Med. 2015 Oct;66(4):355-362

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