Eine neue Behandlungsstrategie der Polyzythämie vera wird seit 2012 durch Ruxolitinib (2), einem Inhibitor der Janus-Kinase-1 und -2, ermöglicht. Dieses Medikament zeigte in einer Phase-2-Studie klinischen Nutzen bei Patienten mit Polyzythämie vera. Die Forscher führten deshalb eine offene Phase-3-Studie durch, um die Effizienz und Sicherheit von Ruxolitinib im Vergleich zur Standardtherapie nachzuweisen (1). Die Probanden der Studie waren an einer Polyzythämie vera erkrankt und sprachen unzureichend auf Hydroxyurea an oder hatten deswegen inakzeptable Nebenwirkungen. Die Studie wurde in NEJM publiziert.

Hintergrundinformationen: Die Polyzythämie vera ist eine meist erworbene Mutation im Janus-Kinase-2-Gen durch eine Neumutation einer hämatopoetischen Stammzelle. Meist tritt sie um das 60. Lebensjahr mit einer Inzidenz von 0,7/100 000 pro Jahr auf. Sie führt zu einer hormon-unabhängigen Erhöhung der Erythrozytenproduktion, daneben findet auch eine gesteigerte Granulopoese und Megakaryopoese statt. Daraus resultiert ein erhöhter Hämatokrit-Wert und eine erhöhte Thrombozytenzahl, die in bis zu 40 % der Krankheitsfälle zu thromboembolischen Komplikationen führen. Typische Symptome sind eine Rötung von Gesicht, Schwindel und Kopfschmerzen. Therapie der 1. Wahl sind regelmäßige Aderlässe, Phlebotomie, mit dem Ziel den Hämatokrit-Wert unter 45 % zu halten. Falls trotzdem Komplikationen auftreten wird auf Zytostatika, wie Hydroxyurea, zurückgegriffen. Die Wirkung von Hydroxyurea beruht auf der Hemmung von der Ribonukleotidreduktase in den mutierten Zellen.

Die Wissenschaftler teilten zufällig Phlebotomie-abhängige Patienten mit Splenomegalie im Verhältnis 1 : 1 auf. 110 Patienten erhielten Ruxolitinib und 112 Patienten die Standardtherapie. Der primäre Endpunkt bestand sowohl aus einer Hämatokrit-Kontrolle während der 32. Woche als auch einer zumindest 35 % Reduktion des Milzvolumens in der 32. Woche. Das Milzvolumen wurde durch Bildgebung gemessen.

Der primäre Endpunkt wurde von 21 % der Patienten in der Ruxolitinib Gruppe und nur 1 % in der Standardtherapie-Gruppe erreicht (P<0,001). Die Anforderung der Hämatokrit-Kontrolle wurde von 60 % der Patienten mit Ruxolitinib bzw. von 20 % mit der Standardtherapie erfüllt. 38 % bzw. 1 % der Patienten in der jeweiligen Gruppe hatten eine zumindest 35 % Reduktion des Milzvolumens. Eine komplette hämatologische Remission wurde bei 24 % der Patienten in der Ruxolitinib-Gruppe und 9 % in der Standardtherapie-Gruppe erreicht (P=0,003). 49 % zu 5 % hatten eine um mindestens 50 % Reduktion im Gesamtscore der Symptome zur 32. Woche. In der Ruxolitinib-Gruppe trat eine Grad 3 oder 4 Anämie bei 2 % der Patienten und eine Grad 3 oder 4 Thrombozytämie in 5 % auf. Die korrespondierenden Prozentwerte in der Standardtherapie-Gruppe waren 0 % und 4 %. Eine Infektion mit Herpes zoster trat bei 6 % der Patienten in der Ruxolitinib-Gruppe und bei 0 % in der Standardtherapie-Gruppe auf. (Der Infektionsgrad betrug in allen Fällen 1 oder 2.) Thromboembolische Ereignisse traten bei einem Patienten mit Ruloxitinib-Behandlung und bei sechs Patienten mit Standardtherapie auf.

Fazit: Bei Patienten mit einem unzureichenden Ansprechen oder inakzeptablen Nebenwirkungen auf Hydroxyurea erwies sich Ruxolitinib gegenüber einer Standardtherapie als überlegen, um den Hämatokrit zu kontrollieren, das Milzvolumen zu reduzieren und die Symptome einer Polyzythämie abzumildern.

Anmerkung: Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Ruxolitinib eine effektive Zweitlinientherapie der Polyzythämie vera ist.

Quellen:

1-Vannucchi et al. Ruxolitinib versus standard therapy for the treatment of polycythemia vera. N Engl J Med 2015; 372:426-435

2- Ruxolitinib (Jakavi® von Novartis Pharma): Januskinase 1/2-Inhibitor gegen Myelofibrose, 2012

 

 

 

 

 

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