Eine aktuelle Studie in "BMJ-Open" (1) untersuchte anhand der Daten für die primäre Gesundheitsversorgung in England (in Deutschland wäre es die ambulant-praxisärztliche Versorgung) von 2007 bis 2011 die Indikationen für die Neuroleptika-Verschreibung.

Die Autoren bestimmten den Anteil der Menschen mit Psychose, bipolarer Krankheit und anderen Diagnosen inklusive Depression, Angststörungen und Demenz, die Antipsychotika erhalten hatten. Des Weiteren wurde die Zahl der Menschen untersucht, die keine dieser Diagnosen hatten, und trotzdem mit Neuroleptika behandelt wurden. Die Ergebnisse:

Insgesamt 47.724 Menschen haben in diesem Zeitraum Antipsychotika verschrieben bekommen. 13.941 erhielten Antipsychotika erster Generation, und 27.966 Antipsychotika zweiter Generation. Die Verschreibungsraten waren bei Frauen, älteren (Alter 80 + vs 40–49) und sozial benachteiligten Menschen höher.

Weniger als 50% der Patienten, die Neuroleptika erster Generation erhielten, hatten eine Diagnose für Psychose oder bipolare Krankheit; Bei der Zweit-Generation-Neuroleptika hatten lediglich 36% (für Risperidon (Risperdal)) und 62% (für Olanzapin (Zyprexa)) eine schwere psychische Krankheit.

Bei Risperidon verteilte sich Beispielsweise die nicht-psychotischen Krankheiten wie folgt: 14% Angststörungen, 22% Depression, 12% Demenz, 11% Schlafstörungen und 4% Persönlichkeitsstörung.

Patienten mit Schizophrenie erhielten die Neuroleptika-Therapie allerdings länger und in höherer Dosierung.

Ein relativ grosser Prozentsatz von Menschen (zwischen 6% und 17%) bekamen Antipsychotika für andere Indikationen, die oben bisher nicht genannt wurden.

Fazit: In der ambulanten medizinischen Versorgung in England werden sehr vielen Menschen Antipsychotika verschrieben, die keine Psychose oder bipolare Krankheit haben. Es sind oft ältere Menschen, die Neuroleptika wegen Demenz, nicht-psychotischer Depression, Ängst- oder auch Schlafstörung erhalten.

Anmerkung: Neuroleptika können signifikante Nebenwirkungen wie Extrapyramidale Symptomatik hervorrufen, und sind mit einer erhöhten Sterblichkeit bei Demenz-Patienten (2) assoziiert. Daher sind die Ergebnisse dieser Studie alarmierend. Vermutlich lassen sich diese Zahlen auf Deutschland übertragen. Bisher hat man sich eher auf Benzodiazepin-Abusus als Schlafmittel konzentriert. Anscheinend werden auch die Neuroleptika relativ unkritisch verschrieben.

1-Marston L et al. Prescribing of antipsychotics in UK primary care: A cohort study. BMJ Open. 2014 Dec 18

2-ERHÖHTE STERBLICHKEIT UNTER "ATYPISCHEN" NEUROLEPTIKA BEI DEMENZ

 

 

 

 

 

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