Das akute Koronarsyndrom ist ein Leitsymptom für den Herzinfarkt. Dieser kommt in Deutschland jährlich mit circa 300 Infarkten pro 100.000 Einwohner vor. Um die Schäden möglichst gering zu halten und eine schnelle Therapie zu ermöglichen kommt im Notfall das EKG-Gerät zum Einsatz. Einen persistierenden ST-Streckenhebungsinfarkt mit Troponin-Anstieg definiert man als STEMI, der für einen Herzinfarkt spricht. Falls es im EKG keine typischen Infarktzeichen gibt, liegt ein Nicht-ST-Streckenhebungsinfarkt, NSTEMI, vor. Ob es sich tatsächlich um einen frischen Herzinfarkt handelt, kann dabei meist nicht unmittelbar bestimmt werden. In diesem Fall gestaltet sich eine angemessene Therapieplanung in Abwägung möglicher Komplikationen schwierig.

Bei Vorliegen eines Herzinfarkts wird unter anderem eine duale Hemmung der Thrombozyten empfohlen. Dabei kommen neben ASS typischerweise P2Y12-Rezeptor-Inhibitoren, wie Clopidogrel, zum Einsatz. Durch den Einsatz von P2Y12-Rezeptor-Inhibitoren wird jedoch das Risiko einer übermäßigen Blutung erhöht. Französische Forscher untersuchten die Auswirkung einer Vorbehandlung mit P2Y12-Rezeptor-Inhibitoren und verglichen sie mit keiner Vorbehandlung hinsichtlich der Effizienz und Sicherheit der Behandlung eines NSTEMI-Infarkts bei akutem Koronarsyndrom.

Zwei Forscher recherchierten unabhängig voneinander die Datenbanken Medline, Embase, Cochrane Controlled Trials und BioMed Central nach randomisierten Placebo-kontrollierten Studien und Beobachtungsstudien zwischen August 2001 und März 2014. Diese Studien mussten sowohl die Gesamt-Mortalität (erster Endpunkt) und größere Blutungen (Sicherheits-Endpunkt) angegeben haben. Die Daten bezüglich Probandenpool, Studiencharakteristika, Medikamentendosis, Verzögerung der Medikamentengabe und Therapieerfolge wurden unabhängig voneinander herausgesucht und analysiert. Anschließend wurde ein Random-Effect-Modell angewandt. Die Analyse wurde (i) bei allen Patienten unabhängig von der Behandlungsstrategie und (ii) nur bei Patienten, die eine perkutane Koronarintervention erhielten (PCI-Patienten), durchgeführt.

Es wurde keine Studie über Ticagrelor oder Cangrelor gefunden, sodass die Auswertung auf Thienopyridine (Clopidogrel und Prasugrel) beschränkt wurde.

Insgesamt wurden 32.383 Patienten mit einem NSTEMI bei akutem Koronarsyndrom eingeschlossen. 18.711 kamen aus den randomisierten Studien, von denen 55 % eine perkutane Koronarintervention erhielten. Die Vorbehandlung war unter allen Patienten nicht mit einem signifikanten niedrigeren Mortalitätsrisiko assoziiert, odds ratio 0,90. Vor allem traf dies bei den Probanden der randomisierten Studien zu mit der gleichen odds ratio von 0,90. Ähnliche Ergebnisse wurden in den Kohorten mit PCI-Patienten beobachtet.

Ein signifikanter Anstieg an übermäßiger Blutung wurde durchgehend bei allen Patienten, odds ratio 1,32, und bei den PCI-Patienten beobachtet. Dieses Ereignis trat auch in den entsprechenden Untergruppen der randomisierten Studien auf. Durch alte Clopidogrel-Studien (CURE und CREDO) gab es in der Auswertung aller Patienten eine Reduktion unerwünschter kardiovaskulärer Ereignisse, odds ratio 0,84, aber der Unterschied war nicht signifikant für die Kohorte mit PCI-Patienten. Bezüglich Vorfällen wie einer Thrombose des Stents, Schlaganfall und dringliche Revaskularisation gab es keine Unterschiede zwischen den Gruppen mit vorbehandelten und nicht vorbehandelten Patienten.

Die Ergebnisse waren auf beide Thienopyridine anwendbar und wurden in den Sensitivitäts-Auswertungen bestätigt.

Fazit: Bei Patienten, die ein akutes Koronarsyndrom vom NSTEMI-Typ haben, ist die Vorbehandlung mit Clopidogrel und Prasugrel mit keiner signifikanten Reduktion der Mortalität verbunden. Dafür steigt unabhängig von einer invasiven oder nicht-invasiven Behandlungsstrategie die Blutungskomplikation signifikant an. Deshalb unterstützen die Ergebnisse unterstützen nicht die routinemäßige Vorbehandlung von Patienten mit einem NSTEMI bei akutem Koronarsyndrom.

Anmerkung: Nach den Ergebnissen dieser Meta-Analyse sollte lediglich eine ASS-Monotherapie bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom vom NSTEMI-Typ vor der Herzkatheter-Untersuchung erfolgen. Das ist natürlich ein gewagte Abweichung von den derzeitigen Empfehlungen, die in weiteren Studien validiert werden müssten.

1- Bellemain-Appaix A et al. Reappraisal of thienopyridine pretreatment in patients with non-ST elevation acute coronary syndrome: A systematic review and meta-analysis. BMJ 2014;349:g6269

2-Anmerkungen: Random-Effect-Modell

 

 

 

 

 

 

 

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