Inzwischen werden bei vielen Therapieentscheidungen zu kardiovaskulären Krankheiten, die Risikoscores zu Rate gezogen, um eine objektive Grundlage für die Entscheidungsfindung zu haben: Von antithrombotischer Therapie bis LDL-Cholesterin-Senkung. Eine aktuelle Studie in "Annals of Internal Medicine" analysierte die Genauigkeit und Vorhersagekraft der kardiovaskulären Risiko-Scores.

Die Autoren verglichen die ASCVD-Risikoscore von American Heart Association (AHA) und American College of Cardiology (ACC) mit 3 anderen oft benutzten Risikoscores, die auf Daten vom Framingham-Risiko-Score (FRS) beruhen.

Für den Vergleich und der tatsächlichen Vorhersagekraft der Scores wurden die Daten der MESA-Studie (Multi-Ethnic Study of Atherosclerosis) aus den USA verwendet.

Insgesamt wurden 4227 MESA-Teilnehmer (Alter zwischen 50 bis 74 Jahre, ohne Diabetes) 10.2 Jahre lang beobachtet. Die aufgetretenen kardiovaskulären Komplikationen von Herzinfarkt bis Schlaganfall wurden dann mit den ursprünglichen Ergebnissen der Risikoscores verglichen.

Die 3 FRS-basierte Risiko-Algorithmen und ASCVD-Kalkulator (2) von AHA/ACC überschätzten das kardiovaskuläre sowohl bei Männern (37% bis 154%) als auch bei Frauen (8% bis 67%).

Von allen Risiko-Scores lieferte das "Reynolds Risk Score" (3) die besten Ergebnisse mit geringeren Überschätzungen (9% bei Männern, 21% bei Frauen). ASS, Lipidsenkung oder antihypertensive Therapie und Revaskularisations-Massnahmen erklärten die Risiko-Überschätzung nicht.

Fazit: Wir können festhalten, dass die meisten Risiko-Scores das Risiko für atherosklerotische kardiovaskuläre Krankheiten deutlich überschätzen.

Anmerkung: Die Folgen der Risiko- Fehleinschätzung sind die Übertherapie und Überdiagnostik an sich gesunder Menschen, wie z.B. die unnötige Einnahme von ASS, Cholesterinsenker oder Antihypertensiva mit all ihren potentiellen Nebenwirkungen, dazu die Verängstigung der Patienten.

Die Ergebnisse dieser Studie sind durchaus nachvollziehbar, wenn man sieht, wie aufgrund des Alters bei ansonsten völlig gesunden Menschen das 5- und 10-Jahresrisiko für kardiovaskuläre Erkrankungen in die Höhe gehen.

Wenn diese Ergebnisse verifiziert werden, müssten die Risikoscores angepasst werden. Das würde substantielle Veränderungen im Gesundheitssystem mit sich bringen.

1-DeFilippis et al. An analysis of calibration and discrimination among multiple cardiovascular risk scores in a modern multiethnic cohort. Ann Intern Med. 2015 Feb 17;162(4):266-75

2-ASCVD Risk Estimator, AHA/ ACC

3-Reynolds Risk Score

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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