Die Anwendung der oralen Antikoagulanzien (OAK) nehmen immer mehr zu. Obwohl die Hirnblutungen eins der gefürchtetsten Komplikationen unter therapeutischer Antikoagulation ist, gibt es wenig Daten über das Therapie-Management der Antikoagulation-assoziierten intrakraniellen Blutungen. Eine aktuelle Studie aus Deutschland untersuchte die Effekte der Gerinnungs-Normalisierung und Blutdrucksenkung auf den Verlauf der Hirnblutungen (1, 2). In die retrospektiven Studie wurden Patienten aus 19-tertiären Zentren zwischen 2006-2012 eingeschlossen. Bei 1176 Patienten wurde das Langzeit-Outcome, bei 853 Hirnhämatom-Größen Änderungen und bei 719 Fortsetzung der OAK-Therapie analysiert. Bekanntlich wird in Deutschland vor allem der Vitamin-K-Antagonist Marcumar zur therapeutischen Antikoagulation eingesetzt, wenn auch in den letzten Jahren immer mehr die neuen oralen Antikoagulanzien (NOAK) Dabigatran (Pradaxa®), Rivaroxaban (Xarelto®) und Apixaban (Eliquis®) angewendet werden.
Die Intervention bildeten die Normalisierung der Gerinnungsparamater während der Akutphase, die Senkung des systolischen Blutdruckes innerhalb von 4 Stunden und Wiederaufnahme der Langzeit-Antikoagulation.
Bei 36% der Patienten kam es zu einer Vergrößerung des Hämatoms. Eine geringere Hämatom-Vergrößerung war mit einer Normalisierung des INR-Wertes < 1.3 (19.8% vs. 41.4% bei INR > 1.3) und Senkung des Systolischen Blutdruckes < 160mmHg innerhalb der ersten 4 Stunden nach Aufnahme (33% vs. 52% bei Syst.-RR > 160mmHg) assoziiert.
Die Kombination aus INR-Normalisierung und systolischer RR-Senkung in den ersten 4 Stunden war am besten, und mit einer deutlich niedrigeren Rate an Hämatom-Größenzunahme (18% vs. 44%) und Krankenhaus-Mortalität (13% vs. 20%) verknüpft .
Die orale Antikoagulation wurde bei 24% der Überlebenden wieder aufgenommen und sie war im Verlauf eines Jahres mit geringeren ischämischen Schlaganfällen als keine orale Antikogulation assoziiert (5% vs. 15%), während die Hirnblutungs-Rezidivrate in beiden Gruppen ähnlich war (8.1% vs. 6.6%).
Fazit: Bei Patienten mit Hirnblutungen unter oraler Antikogulation führte die INR-Normalisierung < 1.3 und die systolische Blutdrucksenkung < 160mmHg innerhalb der ersten 4 Stunden nach Aufnahme zu einer geringeren Rate der Hämatom-Vergrößerung. Des Weiteren war die Wiederaufnahme der oralen Antikoagulation bei den Überlebenden mit einem geringeren Risiko für ischämische Schlaganfälle assoziiert.
Anmerkung: Vor allem bei älteren antikoagulierten Patienten sind die Neurochirurgen mit invasiven Therapie-Massnahmen wie Trepanation zurückhaltend. Die Ergebnisse der Studie liefern sehr wichtige Ansatzpunkte darüber, wie diese schwere Komplikation unter oraler Antikoagulation auch konservativ gemanagt werden könnte.