Der Schlaganfall ist eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland. Hierbei kommt es durch die Einengung oder den Verschluss hirnversorgender Gefäße zu einer Minderdurchblutung (Ischämie) und somit lebensbedrohlichen Minderversorgung des Gehirns. Eine aktuelle Studie in "Neurology" untersuchte die Sicherheit des Off-Label Einsatzes der intravenösen Thrombolyse bei Patienten mit sehr schwerem Schlaganfall (NIHSS > 25 Punkte) verglichen mit schwerem Schlaganfall (NIHSS 15-25 Punkte) bei einer Behandlung nach europäischen Vorgaben. Die National Institutes of Stroke Health Scale ist ein Punktesystem zur Beurteilung der schwere eines Hirninfarktes hinsichtlich neurologischer Parameter und dient als Grundlage verschiedener Therapieoptionen. Je höher der Punktewert, desto schwerwiegender ist der Schlaganfall. Maximal können 42 Punkte erreicht werden. Bei einem Wert >6 und <22 ist eine Lysetherapie, das heißt die medikamentöse Auflösung eines Blutgerinnsels indiziert.

Analysiert wurden die Daten von 57247 Patienten mit akutem ischämischen Schlaganfall, die eine intravenöse Thrombolyse mittels gewebsspezifischem Plasminogenaktivator erhielten. Die Patientendaten stammen aus 793 Krankenhäusern, die im Safe Implementation of Thrombolysis in Stroke International Stroke Thrombolysis Register (SITS-ISTR) von 2002-2013 aufgeführt waren.

868 Patienten (1,5%) hatten NIHSS Werte > 25 Punkte und 19995 (34,9%) hatten NIHSS Werte von 15-25. Outcomeparameter waren Parenchymblutungen, symptomatische intrazerebrale Blutungen, Mortalität und funktionelle Störungen.

Bei 10.7% vs. 11.0% zeigten sich Blutungen im Parenchym. Symptomatische intrazerebrale Blutungen in der SITS-Monitoring Studie traten bei 1.4% vs. 2.5% auf. Nach 3 Monaten waren 50.4% vs. 26.9% verstorben. Bei den Patienten mit NIHSS Werten > 25 zeigten 14.0% nach 3 Monaten funktionelle Unabhängigkeit wohingegen 29.0% der Betroffenen mit einem Punktewert von 15-25 diese erreichten. Multivariate Anpassungen veränderten nicht die Ergebnisse der univariaten Vergleiche. Verschlüsse der hinteren Strombahn traten bei Patienten mit einem NIHSS Wert > 25 im Vergleich zu Patienten mit einem Wert von 15-25 häufiger auf (36.2% vs. 7.4%). Diese wirkten zudem öfter gedämpft oder komatös (58.4% vs. 7.1%). Verglichen mit 14.5% der Patienten mit einem NIHSS Wert von 15-25 Punkten dauerte es bei 26.2% der Patienten mit einem NIHSS Wert > 25 länger als 3 Stunden nach Symptombeginn bis diese eine Therapie erhielten.

Fazit: Die Analyse der Daten zeigt kein übermäßiges Risiko einer intrazerebralen Blutung bei Patienten mit einem NIHSS Wert > 25 (sehr schwerer Schlaganfall) verglichen mit einem Wert von 15-25 Punkten (schwerer Schlaganfall). Daraus ergibt sich, dass die europäischen Kontraindikationen für eine intravenöse Thrombolyse mit dem gewebsspezifischen Plasminogenaktivator bei Patienten mit sehr schwerem Schlaganfall (NIHSS-Wert > 25) unbegründet ist. Die erhöhte Mortalität und geringere Rate an funktionaler Unabhängigkeit bei Patienten mit einem NIHSS Wert > 25 können durch eine größere Schwere des Hirninfarktes, ischämiebedingt beeinträchtigtes Bewusstsein durch den Verschluss der hinteren Strombahn und verzögerten Behandlungsbeginn erklärt werden.

Medknowledge-Anmerkung: Anscheinend ist eine Lysetherapie auch bei geeigneten Patienten mit sehr schwerem Schlaganfall eine Therapieoption.

1-Mazya et al. IV thrombolysis in very severe and severe ischemic stroke: Results from the SITS-ISTR Registry. Neurology 2015 Nov 6 

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